OZEANIEN/PAPUA NEUGUINEA - Weihbischof von Enga zu Stammeskonflikten in Enga: "Wir müssen die Herzen und die Hände entwaffnen“

Freitag, 16 Mai 2025 tribalismus   bewaffnete konflikte   gewalt  

Wabag (Fides) - „Die Stammeskonflikte sind in der abgelegenen Provinz Enga in Papua-Neuguinea ist tief verwurzelt. In der Vergangenheit wurde das letzte Wort bei der Lösung von hauptsächlich territorialen Konflikten durch Kämpfe ausgefochten“, so Pater Giorgio Licini, ein Missionar des Päpstlichen Instituts für die Außenmissionen (PIME) und Mitarbeiter der Caritas der Bischofskonferenz von Papua-Neuguinea und den Salomonen gegenüber Fides. Der Missionar berichtet von einer Situation, die die katholische Gemeinschaft einzudämmen versucht: „Die Wurzeln der Stammeskonflikte sind immer noch emotional. Was einem Stammesmitglied angetan wird, wird allen angetan. Es ist das Ergebnis eines 'Übermaßes an Solidarität' und der Identifikation des Einzelnen mit der Gruppe“, erklärt der Missionar.
„Dies ist heute noch viel gefährlicher, da das Unrecht oft durch weit verbreiteten Alkohol- und Drogenmissbrauch verursacht wird. Eine Schlägerei kann zur Ursache für mehrere Tote und den Verlust von Eigentum werden, unabhängig von den Gründen für den Streit. Der Clan unterstützt seine Mitglieder unabhängig von der Korrektheit ihrer Handlungen. Traditionelle Konflikte um Land sind heute Streitigkeiten um Besitz im Allgemeinen und, damit zusammenhängend, um Wahlen und politische Macht gewichen. Die Welt verändert sich, aber die traditionelle Haltung bleibt bestehen. Die Verteidigung der Ehre des Stammes wird als grundlegend angesehen“, stellt Pater Licini fest.
Die Auswirkungen auf die Politik sind klar: „Wenn ein Kandidat einen Sitz im Provinz- oder Landesparlament erhält oder einen Ministerposten bekommt, bringt das dem Stamm oder Clan, aus dem er stammt, immense Vorteile. In der Provinz Enga sind die Politik und die gleichzeitig stattfindenden Wahlen von Betrug, Gewalt und Blutvergießen begleitet, nicht zuletzt wegen der Verbreitung schwerer Schusswaffen, die wahrscheinlich aus der benachbarten indonesischen Provinz West Papua eingeschmuggelt wurden.
Der Missionar berichtet von einem Beispiel: „Der Vorort Paiam in Porgera ist nach dem Ausbruch von Stammeskämpfen im Jahr 2020 praktisch eine Geisterstadt. In diesem Jahr konnten nur vierzig Gläubige an den Osterfeiern in der örtlichen katholischen Pfarrei des Seligen Peter To Rot teilnehmen, die einst ein blühendes Gemeindezentrum war. Früher war es der Reichtum an Land und Vieh, der über den Stolz eines Stammes entschied. Heute sind es das Geschäft und das politische Ansehen. Als ich 2019 zum ersten Mal in die Enga-Region reiste, gab es nur wenige Gegenden, in denen es zu Stammeskonflikten kam. Jetzt ist es ein gefährliches Kriegsgebiet. Häuser, Geschäfte, Schulen, Krankenhäuser und Kirchen sind verloren gegangen“.
In diesem Zusammenhang engagiert sich die Ortskirche, wie der Weihbischof der Diözese Wabag in der Provinz Enga, Justin Ain, feststellt, aktiv für die Vorbeugung und Bekämpfung aller Formen von Gewalt, mit dem Ziel, „Herzen und Hände zu entwaffnen“. Nicht nur, indem man „den Opfern einfach hilft“, sondern vor allem „mit Bildung und Aufklärung“. Man organisiere, so der Bischof, „vor allem mit den Mitteln und Teams der Diözesan-Caritas Begegnungen mit der Dorfbevölkerung, insbesondere mit jungen Menschen, die oft völlig ungebildet oder Analphabeten sind, und weisen sie auf die Folgen ihrer gewalttätigen Handlungen für die Person und die Familie hin, auf die Schäden, die durch Alkohol- und Drogensucht verursacht werden, und halten sie so davon ab, ihre Frustration durch Gewalt auszudrücken“.
Die Ortskirche arbeitet auch langfristig, auch im Hinblick auf die nationalen Parlamentswahlen im Mai 2027. Enga hat sechs Abgeordnete, die in fünf Distrikten gewählt werden. Wahlen in Papua-Neuguinea und insbesondere in der Hochlandregion sind dafür bekannt, dass sie durch Einschüchterungen, Stimmenkauf und Betrug während des Wahlgangs beeinträchtigt werden. „Kürzlich“, so berichtet der Bischof, “haben wir führende Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft zu einem dreitägigen politischen Schulungskurs über Führung, Vertretung und Rechenschaftspflicht gegenüber den Wählern eingeladen. Denn von ihnen, die wir als Führer betrachten, muss Entwaffnung und Gewaltlosigkeit ausgehen“.
In der Provinz Enga in Papua-Neuguinea kam es in den letzten Jahren immer wieder zu politischen Gewaltausbrüchen. Obwohl die Spannungen häufig mit Streitigkeiten über den Zugang zu und die Nutzung von Bodenschätzen verbunden sind, spiegeln sie auch ethnische und kulturelle Konflikte wider, die häufig mit dem Wettbewerb um Ressourcen, Landbesitz und Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zusammenhängen. Im Jahr 2024 wurden bei Stammeskonfkiten in Porgera in der Provinz Enga etwa 30 Menschen getötet, wobei 17 Stämme beteiligt waren. Die immer wiederkehrenden Konflikte, die durch brutale Gewalt und zyklische Vergeltungsmaßnahmen gekennzeichnet sind, spiegeln tiefer liegende, systemische Probleme wider. Ein Konflikt wurde durch einen Waffenstillstand, das so genannte „Hilton-Friedensabkommen“, das letztes Jahr in Port Moresby unterzeichnet wurde, vorübergehend gestoppt.
(PA) (Fides 16/5/2025)


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